Endlich mal wieder Politik beim CSD


Gerade komme ich von einer kleinen, feinen Veranstaltung aus dem Rhamenprogramm des CSD wieder und ich bin, für mich unerwarteterweise, begeistert. Es war das was ich auf dem CSD in Köln und allgemein immer schmerzlich vermisst habe: eine politische Diskussion. Hier der Text von der Homepage des Veranstalters:

boys, bears & daddys

Die Schwulenbewegung in Deutschland ist seit 1969 geprägt von Revolte und Konfrontation, aber auch von Differenzierung, Spaltung, Entpolitisierung und Kommerzialisierung. Nach den rebellischen 70er und 80er Jahren änderten sich Inhalte und Aktionsformen. An die Stelle von politischen – meist linken – Demos, traten CSD – Paraden und mit ihnen eine immer professioneller werdende Event-Kultur.
40 Jahre Stonewall bedeutet 40 Jahre Schwulenbewegung im öffentlichen Raum.
Dies zum Anlass genommen sollen in dieser Podiumsdiskussion verschiedene Generationen schwuler Männer über politische Visionen und Strategien ins Gespräch kommen.

Veranstalter: Golden Gays und RUBICON-Beratungszentrum
Zeit: Sonntag den 28. Juni 2009, 19 Uhr
Ort: RUBICON-Beratungszentrum

Man mag geteilter Meinung sein ob der Titel richtig gewählt war, aber ich konnte aus der Diskussion für mich spannende, neue Standpunkte mitnehmen.

(Alle folgenden Punkte sind von mir etwas polemisiert und aus dem Gedächtnis wiedergegeben. Im unwahrscheinlichen Fall, daß einer der Teilnehmer dies liest, hoffe ich, daß dieser dies auch so sieht und evtl. falsche Zitate oder falsches Verständnis in den Kommentaren geraderückt. Es geschieht hier nichts in böser Absicht.)

So wurde z.B. die wenig überraschende These aufgestellt, daß die Schwulenbewegung fast zu einem Stillstand gekommen sei. Der CSD sei nur noch Commerz und Party und keiner interessiere sich mehr für Politik.

Was mich überrascht hat, ist daß diese These nicht mit fatalistischem Nicken akzeptiert wurde, sondern ein anderer Standpunkt aufgemacht wurde. Der CSD sei eben das Sahnehäubchen, die Belohnung quasi für die Leute die das ganze Jahr über politisch aktiv gewesen seien. Daß die Leute für die man da aktiv war mitfeiern würden und man noch Gesicht in der Öffentlichkeit zeigen würde, das sei quasi nur Bonus. Zusätzlich wurde die These aufgestellt, daß die Schwulen zwar durch Stonewall, Rosa von Praunheim und andere Einflüsse aus den Klappen auf die Straße gebracht wurden, daß sie da aber nicht blieben sondern die Bewegung jetzt von der Straße in die Gremien gegangen ist (oder, wie ich in der Diskussion einwarf, in den Hinterzimmern).

Die großen Themen wie Entkriminalisierung und eingetragene Partnerschaften sind erreicht und jetzt hätte sich die Arbeit in viele kleine Themen, die in den Gremien behandelt werden, aufdifferenziert.

Ein sehr spannender Gesichtspunkt der mir neu war, der sicher seine Berechtigung hat, der aber trotzdem kritikwürdig ist.

  • Ich würde diesen „Belohnungs“-Charakter verstehen, wenn alle Teilnehmer der Parrade das Jahr über politisch aktiv wären. Aber ganz im Gegenteil ist es ja so, daß man bei den Teilnehmern bei einer Umfrage bei vielen nicht mal Problembewusstsein für die aktuellen Themen finden würde.
  • Ein sehr guter Einwand zum Gremien-Argument ist die Frage: Wie bildet sich eigentlich die Meinung die die Vertreter in den Gremien durchsetzen? Und wer bestimmt die Vertreter und wen vertreten die? Allgemein sehe ich diese Gremienarbeit auf einer viel zu geringen Basis die durch Teilnehmerzahlen beim CSD an Legitimität gewinnen will.
  • Es wird viel zu wenig publik gemacht was wie hinter welchen Kulissen in welchen Gremien läuft.

Vielleicht ist die Schwulenbewegung ja ein Spiegel im Kleinen der Probleme die die Gesellschaft im Großen auch hat. Viele Entscheidungen werden abseits der Öffentlichkeit ausgekungelt. Die Politiker erzählen immer davon, daß man die Bürger besser mitnehmen müsse um mehr Unterstützung der Entscheidungen zu erlangen.

Ich meine vielmehr, daß die Politik mal offenlegen sollte, wer eigentlich sagt wo die Reise hin geht und wie diese Entscheidung getroffen wurde. Wenn dies transparent ist und jeder die Möglichkeit hat, seine Stimme mit einzubringen, dann wird auch die Politik wieder akzeptierter. Aber von einer Regierung die lieber Zensurmechanismen schafft erwarte ich in dieser Richtung nicht wirklich viel. Leider.

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